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Raus aus der Komfortzone

Die ersten Eindrücke, Gedanken und Bilder
"Tag 7 seit der Abfahrt" oder "Tag 3 allein": Raus aus der Komfortzone
Als ich am Pfingstfreitag an Aschaffenburg vorbei fuhr, kam plötzlich ein komisches Gefühl in mir auf und ein unteres Augenlid lief etwas voll mit Tränen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Es war jetzt also Ernst. Etwas zu beschließen oder es dann tatsächlich zu machen, dazwischen können Welten liegen. Im Radio lief: No roots von Alice Merton. Das Lied traf mich mitten in meiner Gefühlsduselei. Hatte ich auch keine Wurzeln? Oder warum zog es mich immer wieder in die Ferne?
Nach 6 Stunden Fahrzeit kam ich ziemlich erschöpft und müde am Bodensee an.  Ich durfte meinen Camper im Hof bei meiner Freundin parken und war glückselig, das ich noch eine gewisse Zeit mit einem mir vertrauten Menschen verbringen konnte.

Die nächsten 3 Tage gab es ein volles Programm an Aktivitäten. Die Insel Lindau zu Fuß erkunden, an der Hafeneinfahrt mit dem Leuchtturm und dem Löwen das Treiben der Leute beobachten und eine Wandertour auf den Hausberg von Lochau in der Nähe von Bregenz, den Pfänder mit 1064 Metern Höhe. Oder wie die Österreicher auf der Homepage schreiben: Der Olymp der Urlaubsgötter am Bodensee. Davon machten wir 600 Höhenmeter, 2 Std. rauf und 3 Std. runter. Meine beiden Knie schrien beim Abstieg, deshalb kamen wir auch erst nach vielen Pausen unten an. Da es bewölkt war, kam uns das beim Aufstieg sehr entgegen, leider trübte es aber den Blick auf den Bodensee und das Rheintal. Aber man konnte zumindet erahnen, warum man von einem eingzigartigen Blick auf den Bodensee spricht.
Am dritten Tag warf ich dann den Camper wieder an und fuhr bei strahlendem Sonnenschein nach Hard in Österreich, um mit meinem Fahrrad das Naturschutzgebiets des Rheindeltas zu erkunden. Hier handelt es sich um ein 2000 ha großes Schutzgebiet. Der sogenannte Alpenrhein bildet auch gleichzeitig die Grenze zwischen Österreich und der Schweiz.
Danach ging es in wieder zurück nach Deutschland, um im Strandcafe Lindenhof in Lindau mit Christine Mittag zu essen. Wir saßen direkt am Bodensee und anschließend erkundete ich den Park mit den prächtigen alten Bäumen. Da ich immer noch nicht genug hatte, ging es nochmal mit dem Rad auf die Insel Lindau, um noch ein paar Fotos zu schiessen.

Am Dienstag bin ich dann nach einer kurzen Wanderung entlang der Argen am Nachmittag aufgebrochen.
Jetzt ging die eigentliche Reise los. Raus aus der Komfortzone. Keiner, der mir morgens den Kaffee an den Bus bringt (Danke Christine!) und niemand da für den Gedankenaustausch. Sonderlich weit bin ich nicht gekommen. Als Ziel hatte ich das Kleinwalsertal in Österreich und gelandet bin ich am Alpsee bei Immenstadt. Ich fuhr gemütlich auf wenig befahrenen Landstraßen und war aufgrund der allgäuer Hügellandschaft gut mit Schalten und an die Seite fahren beschäftigt, als ich den See sah. Es war sofort um mich geschehen. Hier wollte ich bleiben.
Also stehe ich jetzt auf einem 4 Sterne Campingplatz und komme erst mal an und rein in mein Unternehmen "Camper und die Reise ins Blaue". Da ich mir anfangs ganz schön oft den Kopf angestossen habe, habe ich für mich das Thema "Achtsamkeit" gewählt. Und da mir alle Gräten weh tun aufgrund der Aktivitäten der letzten Tage, ist mein zweites Thema "schalte mal einen Gang runter". Ist schon interressant, wie wir doch all unsere Themen auch außerhalb des gewohnten Umfeldes mit uns herum schleppen. Aber gut ist, wenn man sich selbst auf die Schliche kommt...

Am Mittwoch wollte ich schon ein paar Zeilen für diesen Blog schreiben, wurde aber von meinen Nachbarn aus Karlstadt zu einem Frankenwein in ihren Camper eingeladen. Ich glaube, die Leute haben Mitleid, wenn sie einen alleine sehen und es dann auch noch regnet...
Spruch vom Campingplatz: Camping ist der Zustand, bei dem man die eigene Verwahrlosung als Erholung empfindet. (wie gesagt, 4 Sterne und es gibt auf dem Platz sogar eine Sauna)

Ich kann schon gewisse Teilerfolge mit meinen beiden Themen vermelden. Den Kopf habe ich mir nicht mehr so oft angehauen und ich habe heute sehr viel einfach nur so da gesessen. Das ist eine Herausforderung für mich und mein Wesen. Da ich morgens immer mit bei den Ersten bin, die wach sind, hatte ich das Vergnügen, eine wunderbare Seekulisse auf den Sensor zu bannen. Nach dem Regen hingen noch die Schleier links und rechts des Sees im Wald und da der See ganz still da lag, hatte man auch noch eine tolle Spiegelung der Szene.
Am Donnerstag wollte ich eine gemütliche Runde um den See von 10Km machen. Meine Nachbarschaft hatte das gleiche vor, also taten wir uns zusammen. Nach der Hälfte der Strecke wartete eine Einkehr. Leider ist es hier im Allgäu anscheinend so üblich, das man Donnerstags Ruhetag hat. Also entschieden wir uns dazu, auf den Berg zu kraxeln. (So viel zum Thema "Gang runter schalten"). Nach einer gefühlten Ewigkeit und mehreren Alpen bekamen wir dann wenigstens eine Brotzeit in der "Alpe Geschwenderberg". Als wir zurück waren hatten wir statt der 10 Km Seeumrundung 20 km auf der Uhr und es goß in Strömen, während wir nochmal in Bühl (nahe unserers Campingplatzes) einkehrten. Gut, das hätte man sich sparen können. Aber kann man ja vorher nicht wissen.

Heute habe ich dann wirklich Ernst gemacht und bin nur 2 Mal mit dem Rad nach Immenstadt gefahren. Ansonsten habe ich versucht, das süße Nichtstun zu genießen und habe ein bißchen die Leute beobachtet. Auf dem Campingplatz wird man irgendwie ungewollt zum Voyeur. Ich bin hier noch 2 Nächte und wenn ich endlich meinen neuen ebook reader habe (mein alter hat schon vor Tagen den Geist aufgegeben - wie passend) dann werde ich versuchen, Bayern zu verlassen.

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