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Unerwarteter Besuch und 6 Stunden Fahrt für 200 km

Nachdem ich in Camobbio noch Olli und Alex kennengelernt hatte, die mir beim Anschieben eines Motorrads eines total verpeilten Italiener geholfen hatten, habe ich noch zwei Abende mit Ihnen zu Abend gegessen und wir waren so ziemlich auf einer Wellenlänge. Sie kam im April von Ihrer drei monatigen Kolumbienreise als Backpacker zurück. Beim Abendessen am Samstag bekam ich eine Nachricht von einem Freund, das er mit dem Motorrad unterwegs sei und Sonntags gegen Mittag bei mir sein könnte. Ich konnte es kaum fassen. Besuch eines mir vertrauten Gesichts. Also war ich richtig aufgeregt, ob das alles so hinhauen würde.
Am Sonntag Nachmittag war es dann so weit. Ich wartete bereits auf der Straße zum Campingplatz, als mir ein winkender Motorradfahrer entgegen kam. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Abends dann zum x-ten Mal Pizza in Camobbio und dann wurde der Kli-Kla-Klawitterbus umgebaut, um eine zweite Schlafmöglichkeit zu bieten.  In der Nacht weckte uns ein erneutes Gewitter. Die sind hier ganz besonders intensiv, da rund um den See Berge sind und sie dadurch eine wirklich lange Zeit hängen bleiben. Aus unserem geplanten gemeinsamen Frühstück wurde leider nichts, da Matthias vor der Regenfront, die sich laut App näherte, davon fahren wollte. Also kurz noch ein Foto geschossen und schon war ich wieder allein.

Ich habe die übliche Prozedur, die mir langsam etwas vertrauter wird, gestartet. Alles so verstauen, dass nichts im Fahrzeug umher fällt, Gasflasche abgeklemmt, Vorhänge aufgezogen, Tisch in das Hochdach verpackt (da ist es gut, wenn man Multifunktionsfluid zur Hand hat, da das Schloss jedes Mal eingerostet ist), Stühle in meine Nasszelle, Reisetasche vom Beifahrersitz auf die Rückbank, vorher noch das Fahrrad rein gewuchtet und ganz zum Schluss kommt der Strom ab. Und dann heißt es: Vorglühen und los geht die Fahrt. Zieleingabe Navigationssystem: Aranzano, westlich von Genua. Fahrt über Land. Anfangs fuhr ich durch die Reiskammer von Europa. Reis, so weit das Auge reicht. Dann  nahm die Landschaft schon fast etwas toskanisch anmutendes an. Leichte Hügellandschaft mit Zypressen und Landhäuser. Leider konnte ich nicht wirklich stehen bleiben, um das alles zu dokumentieren. Ich fuhr durch viele Orte und kam nicht so recht vom Fleck. Kurz vor Genua musste ich doch tatsächlich noch über einen Pass und das bei strömendem Regen, was mit den Bächen auf der Straße wirklich keinen Spaß machte. Nach sechs Stunden Fahrt für ein bißchen mehr als 200 km war ich froh, als ich das Meer sah. Ich fuhr noch eine ganze Weile die Küstenstraße entlang, bis ich mich für einen Campingplatz namens "Camping Leo" entschied. Leider nicht am Meer, aber ich hatte ja noch genügend Zeit. Der Campingplatz war ziemlich leer und ich bekam gleich ein DIN-A4 Blatt auf Deutsch mit sämtlichen Verboten in die Hand gedrückt. Auch ansonsten hingen überall Hinweise, was zu unterlassen sei. Nun gut, für eine Nacht war es mir egal. Grund genug, um weiter zu fahren. Am Abend klopfte noch der Campingplatz-Behüter und wollte mich auf ein Bier einladen. Ich lehnte dankend ab...
Ich las mich noch in die Highlights der Riviera ein und am nächsten Morgen konnte ich gleich starten, da ich alles an seinem Platz gelassen hatte.
Nach der Ortschaft Sportorno kommt Noli, Finale Ligure, Pietra Ligure...und in Albenga hielt ich an, um unter anderem meine Essensvorräte aufzufüllen. Dort habe ich einen freundlichen Polizisten getroffen, der mir bei meinem Rangiermanöver geholfen hat, da ich die Einfahrt zum "Decathlon" verpasst hatte und der ganz überraschend Deutsch mit mir gesprochen hat. (Sollte jemand Decathlon nicht kennen, das ist ein französischer Hersteller, der so alles für den Outdoor Bereich bietet und das zu einem Schnäppchenpreis)
Ursprünglich hatte ich ja vor, ein richtiges Touristenprogramm zu machen und mir gemütlich die Orte anzusehen. Das Problem mit dem Camper ist, dass man fast nirgends halten kann/ darf. Außer illegaler Weise an der Straße zwischen zwei Orten. Also tat ich das, das ein oder andere Mal. Und verwarf meinen Plan. Als ich dann wieder einmal zwischen zwei Orten gehalten hatte und endlich die Füße im Meer hatte, sah ich ein Schild mit der Werbung für ein Ort namens "Laigueglia". Davon hatte mir mein Reiseführer nichts verraten. Also googelte ich nach einem Campingplatz, stieß auf "San Sebastian" und voilà, hier bin ich.
Die steile, enge Anfahrt zum Platz hätten mich am liebsten umkehren lassen, aber das konnte ich ja nicht. Jegliches Wendemanöver unmöglich. Kurzes Gespräch mit dem Chef und ich stehe zu einem "Schnäppchen" auf dem eigentlichen Parkplatz. Schätze mal, wenn ich abreise, habe ich einen Hüftschaden, so schief wie ich stehe.
Dann habe ich mich beeilt, um endlich ans und ins Meer zu kommen. Das erste was ich sah, war eine Feuerqualle. "Haha, willkommen" schienen mir ihre Tentakel zu zuwinken.
Man muss eine ganze Weile am Meer entlang laufen, bis man an eine Mole kommt, die als "öffentlicher Strand" deklariert ist. Dort tummeln sich all diejenigen, die keine Lust haben für einen Liegestuhl und Schirm ein Vermögen auszugeben. Zwischendrin zwischen Absperrband, sitzt ein Fischer mit seinem Boot, der sein Netz flickt. Also in der Hauptsaison möchte ich nicht hier sein, ich kann mir vage vorstellen, wie Tausende Italiener Stuhl an Stuhl liegen und "sich erholen". Aber zum Glück ist nicht viel los hier. Also rein in die Flut, kurz abgekühlt und kaum war ich draußen, wurde es bewölkt und der Wind pfiff. Nichts von all dem konnte mein Gefühl der vollkommenen Zufriedenheit trüben. Ich war so in meiner Mitte, dass ich mit einem Dauergrinser durch die Stadt lief. Dort pfiff der Wind nicht so und meine zufällige Wahl stellte sich als Glückstreffer heraus. Die Innenstadt besteht aus genau einer parallelen Straße zum Meer, besser gesagt handelt es sich um eine kleine Gasse, mit Rundbögen und den typisch grünen Fensterläden. Einfach schön. Es gibt alles was das Herz begehrt. Als ich noch einen "Frozen Yoghurt" Laden gesehen habe, konnte ich mein Glück kaum fassen.
Am Abend hatte ich noch Pasta di Mare und war unbeabsichtigt in einem teuren Restaurant gelandet. Aber egal, war lecker.
Heute Nacht hat es wieder geregnet und heute morgen habe ich schon einen Strandspaziergang gemacht und ein paar Bilder geschossen. Ich werde auf jeden Fall noch ein paar Tage hier bleiben, bevor ich in ein Land fahre, in dem ich mich wirklich gar nicht verständigen kann. Außerdem gibt es hier noch einiges zu sehen. Eine alte Ortschaft mit einem Grab von einer berühmten Persönlichkeit, ich warte nur auf besseres Wetter... 

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Kommentare: 4
  • #1

    Silvia (Donnerstag, 07 Juni 2018 14:52)

    wie schön................... ich liebe Italien :-)

  • #2

    Bianca (Freitag, 08 Juni 2018 15:55)

    Gerade mal Zeit genommen und alles bis hier durchgelesen. Hoffe du erlebst noch viele schöne Dinge. Ich werd auf alle Fälle Deinen Weg verfolgen�

  • #3

    Marco (Samstag, 09 Juni 2018 09:25)

    Fühlt sich wieder gut an auf Tour zu sein, gell? LG Marco �

  • #4

    Thomas (Sonntag, 10 Juni 2018 19:04)

    Liest sich cool. Dann weiterhin viele Erlebnisse. Muss noch zwei Wochen auf den Italienurlaub warten. :--))