Auf unserer Reise hatten wir nun schon einige Wunder der Natur gesehen, von denen wir glaubten, dass sie kaum noch zu überbieten seien. Aber während der letzten drei Wochen wurden wir immer wieder auf's Neue überrascht. Diesmal nicht nur von der Natur, sondern auch von den "Cliff Dwellings" im Mesa Verde Nationalpark oder vom gestauten Lake Powell. Aber absoluter Wahnsinn waren die ungewöhnlichen Felsformationen im Grenzgebiet der Paria Wilderness und des Escalante Nationalmonuments. Der Joshua Tree Nationalpark bildet den krönenden Abschluss dieses Berichts nach einem kurzen Abstecher zum Grand Canyon, drei Tagen Zion und Zocken in Las Vegas...


 

Rangerprogramm im Mesa Verde Nationalpark:

 

Pünktlich zur Abfahrt aus dem Arches Nationalpark hat es angefangen zu regnen, das erste Mal seit einer Ewigkeit. Vermutlich war das die Rache für den "Moab Wetter" Eintrag auf unserer Homepage. Kurz vor Mesa Verde haben wir deshalb am nächsten Tag erst mal auf besseres Wetter gewartet. Der Regen hat sich zu unserer Freude verzogen - wurde aber von Hagel abgelöst.

 

Bei Sonnenschein fuhren wir noch einen Tag später endlich in den Park, um die "Cliff Dwellings" zu bewundern. Die schönsten dieser vor 800 Jahren von den Anasazi Indianern in Felsnischen gebauten Wohnungen kann man aber nur mit Ranger betreten. Also haben wir uns gleich Tickets besorgt und nachmittags an einer ersten Führung zum "Cliff Palace" teilgenommen. Das war unsere erste Tour mit einem Ranger und es hat uns sehr gut gefallen. Man bekommt sehr viele Theorien erklärt, denn wie so oft - nix genaues weiss man nicht... Aber ziemlich sicher ist, dass es keine typische Lebensweise der Anasazi zu dieser Zeit war und die Wohnungen auch nicht länger als 100 Jahre genutzt wurden. Nach einer Nacht mit vereisten Scheiben, haben wir am nächsten Morgen noch eine Tour zum "Balcony House" mitgemacht. Über lange Leitern klettert man in die Häuser und heraus gehts durch den gemauerten Tunnel, der früher als Eingang diente und für heutige Fast Food Durchschnittsamerikaner nicht geeignet ist.

Weiter ging die Fahrt durchs Gebiet der Navajo Indianer und das Monument Valley. Auf diesem Weg haben wir so viele leere Bierflaschen am Strassenrand gesehen wie noch nirgends zuvor. Schliesslich sind wir in dem Navajo Dorf Kayenta, in dem von der Indianerkultur nichts mehr übrig geblieben ist, zum Futtern gelandet. Hier hat die Air Force einen Stützpunkt errichtet - wie clever...

 

Sandsturm am Lake Powell:

 

Eigentlich wollten wir im Navajo Nationalmonument bleiben, wo es ähnliches zu sehen gibt wie in Mesa Verde. Da man aber nicht selbst zu den Felswohnungen gehen kann und die nächsten Führungen erst Tage später stattfinden sollten, waren wir nur an einem Aussichtspunkt und sind dann weiter nach Page gefahren. Dort gabs einen wunderschönen Sonnenuntergang am Lake Powell.

 

Am nächsten Tag haben wir uns den riesigen Glen Canyon Damm angesehen, der den Colorado zum Lake Powell staut. Ins Besucherzentrum kommt man nur, wenn man Kontrollen wie im Flughafen über sich ergehen lässt. Die Auskunft, es sei ein öffentliches Gebäude, hat unsere Frage nach dem Warum nicht wirklich beantwortet. Rundherum war nämlich nichts überwacht. Paranoid oder nur Show? Ich hätte da ja jede Menge Ideen, wie man es anstellen könnte ohne in das Besucherzentrum zu müssen...

Auch sonst sind uns an diesem Tag geballt einige panikmachende Dinge aufgefallen. Angefangen von Warnschildern, wie z.B. "Von der Brücke geworfene Objekte können töten" über einen Artikel der Glen Canyon Zeitung mit der Einleitung "Hier sind 10 Möglichkeiten wie man sich selbst in der Glen Canyon Recreation Area verletzen oder töten kann" mit sehr vielen "nützlichen" Hinweisen für Menschen, denen das Denken abgenommen wird bis zu einem Bild mit der eingezeichneten "TODESZONE" (da wo der Auspuff ist) auf mietbaren Hausbooten. Ob da nur wir mit dem Kopf schütteln können?

Das rund 200 Meter hohe Bauwerk ist auf jeden Fall eine beeindruckende Leistung und der Colorado hat 20 Jahre lang Wasser herbeischaffen müssen um den Lake Powell auf den Höchstpegel zu bringen, von dem er heute aber wegen anhaltender Dürre und dem hohen Wasserverbrauch wieder weit entfernt ist.

 

Danach stand der "Horseshoe Bend" auf dem Programm, ein Mäander des Colorado in einem Canyon, der - wie so viele Sachen in diesem Land - vor allem durch seine Grösse imponiert. Am Nachmittag haben wir einen sehr schönen Strand entdeckt, der gleichzeitig Campingplatz ist. Dort sind wir drei Nächte geblieben, als kleiner Van inmitten von 14 Meter langen fahrbaren Wohnzimmern, aber mit Sand und Wasser direkt vor der Tür. Den nächsten Tag konnten wir noch geniessen, bis nachmittags der Wind immer stärker wurde und wir vor dem umherfliegenden Sand in den aufgeheizten Camper fliehen mussten. Irgendwann hat das auch nicht mehr geholfen - der Sand war einfach überall...

 

Ein absolutes Highlight war der Antelope Canyon, zu dem wir nach einer durchgerüttelten Nacht am nächsten Morgen einen Ausflug gemacht haben. Wir hatten schon mit dem schlimmsten gerechnet, weil wir alleine in Page vier Anbieter entdeckt haben, die unnötigerweise Fahrten dorthin anbieten (etwa 2km bis zum Parkplatz). Vielleicht lag es daran, dass wir mit dem Lower Antelope Canyon den weniger beliebten Abschnitt ausgesucht hatten, vielleicht auch an der Länge des Canyons oder an unserem Glück - auf jeden Fall konnten wir die genialen Felsformen in diesem schmalen, aber hohen Canyon ohne Gedränge in aller Ruhe geniessen. Erstaunlich, was Wasser alles erschaffen kann!

 

Zurück an unserem traumhaften Campingplatz, war der Sturm wieder in vollem Gange. Nach einer eiskalten Dusche im Freien haben wir uns einen Platz gesucht, der nicht ganz so mittig im Sand lag. Der abendliche Toilettengang war an diesem Tag ein Erlebnis: Man stelle sich eine Stirnlampe auf dem Kopf vor, ein Blechhäusschen im Mondlicht, innen stockdunkel mit Wind und Sand der durch alle Ritzen bläst und der verzweifelte Versuch, die Brille mit Papier auszulegen...

 

Escalante, Paria Wilderness und Abhängen auf der Paria Guest Ranch:

 

Dafür wurden wir am nächsten Tag gleich mit einem weiteren Höhepunkt unserer Reise belohnt. Eine etwa 2 stündige Wanderung brachte uns ins Tal der weissen Geister - zu den "Wahweap Hoodos" im Grand Staircase Escalante Nationalmonument.

 

Diese lustigen Steinfiguren mit Hut sind laut Ranger durch "differential erosion" entstanden. Mit anderen Worten: Der aus härterem Gestein bestehende Hut schützt den weichen weissen Sandstein direkt darunter, der Sandstein drumherum schwindet durch Erosion dahin. Bei den vielen unterschiedlichen Figuren, die so entstehen, bleibt einem doch schon mal der Mund offen stehen. Ein Wunder, dass die schweren Steinbrocken auf dem bröseligen Sandstein so lange liegen bleiben. Was wir ausserdem sehr genossen haben ist, dass wir den ganzen Tag nur sieben weitere Wanderer gesehen haben.

Die letzten Tage hat sich bei mir zum ersten Mal ein neues Gefühl eingestellt, nicht mehr einfach wie im Urlaub. Drei Monate sind eine ganz schön lange Zeit, um Abstand vom normalen Leben Zuhause zu gewinnen...

Weil wir unbedingt die "Wave" sehen wollten, sind wir weiter zur Paria Contact Station gefahren, in der jeden Morgen die Verlosung der Permits (Därffschoi) für den nächsten Tag stattfindet. Der Zutritt ist auf 10 Leute pro Tag begrenzt (plus 10 über Internetverlosung bereits Monate im Vorraus). Eine Übernachtungsmöglichkeit haben wir auf einer Ranch direkt nebenan gefunden. Am nächsten Morgen waren wir dann eine Stunde zu spät bei der Verlosung, weil wir noch in einer anderen Zeitzone gelebt haben. Ist aber auch ganz schön verwirrend mit Pacific Time oder Mountain Standard Time und dazu noch Daylight Saving Time. Die Frau, die uns am Vorabend noch versichert hatte, dass unsere Uhr richtig geht war offenbar genauso verwirrt...

 

Danach sind wir zu den "Toadstools" gelaufen, eine grosse Ansammlung von weissen und roten Hoodoos in einer Umgebung, die uns stark ans Goblin Valley erinnert hat. Ausserdem Felsen, die wie mit dem Lineal gezogen von rot in weiss übergehen. Die Pleite vom Morgen war in dieser unwirklichen Gegend ganz schnell wieder vergessen!

Bei der nächsten Verlosung wurden wir aus 43 Mitbewerbern auserwählt und durften die North Coyote Buttes in der Paria Wilderness betreten (Freudenschrei von Simone!). Die Wartezeit bis zum nächsten Tag haben wir uns am Abend mit einem spassigen Ausritt hoch zu Ross verkürzt. Simones Pferd sah aus, als würde es jeden Moment ins Koma fallen. Aber als es pünktlich zum Sonnenuntergang losging ist es freudig den anderen hinterher gelaufen. Im Gegensatz zu meinem - das hatte sein eigenes Tempo und musste durch kurzen Trab oder über Abkürzungen immer wieder aufholen. Etwas nervös war ich, als eine Kuh direkt vor mir den Weg kreuzte, aber mein Pferd hat das überhaupt nicht interessiert.

Und dann war es endlich soweit. Mit der Wegbeschreibung, die wir bekommen hatten, machten wir uns auf den Weg zum wellenförmigen Sandstein. Bereits nach einer halben Stunde wandern erreichten wir eine Gegend, die wieder ganz anders aussah als alles andere zuvor. Wir sind kaum noch aus dem Staunen heraus gekommen. Und als wir an der "Wave" ankamen - unsere absolute Nummer 1 der letzten drei Monate! Oder was meint ihr, wenn ihr die Bilder seht?

 

Und für alle, die das Glück haben hierher zu kommen: Unbedingt die Gegend rundherum erkunden - ausser der Hauptattraktion gibt es noch sehr viele andere bunte Wellen zu entdecken.

Als wir abends müde an der Ranch ankamen, wollten wir in der Bar noch gemütlich ein Bier trinken. Aus dem einen wurden dann ganz schön viele und in netter Gesellschaft feierten wir bis spät in die Nacht. Ob wegen den vielen Erlebnissen der letzten Tage oder wegen dem Brummschädel - am nächsten Tag stellte sich bei uns extreme Lustlosigkeit ein. Und weil die Atmosphäre der Ranch und die Leute dort es uns angetan hatten, blieben wir noch zwei weitere Tage, in denen die einzige Anstrengung darin bestand vom Camper zur Terrasse und zurück zu laufen.

 

Sanddünen, großes Loch und Zion Nationalpark:

 

Der Abschied ist uns am letzten Morgen nach fast einer Woche auch nicht leicht gefallen. Von der ruhigen Paria Wilderness sind wir zu den Coral Pink Sand Dunes gefahren. Dort waren wir vermutlich die einzigen ohne ATV (lärmende kleine Spassfahrzeuge), weshalb es für uns auch nicht viel zu tun gab, ausser den ungewöhnlich gefärbten Sand anzusehen. Am nächsten Morgen haben wir uns doch noch mal überlegt zumindest zum Nordrand des Grand Canyon zu fahren, den wir eigentlich schon komplett von der Liste gestrichen hatten. Der 200 Meilen Abstecher zum "Big Hole" (wie uns ein wenig beeindruckter Kanadier mal erzählt hat) hat sich aber auf jeden Fall gelohnt - trotz der Vollbremsung wegen zwei Rehen, dem umstürzenden Wasserkanister und der daraus resultierenden Überschwemmung in unserem Auto. Von verschiedenen Aussichtspunkten sieht man den Colorado 1800 Meter tiefer!

 

Auf den Zion Nationalpark hatten wir uns schon lange vorher gefreut und als wir ankamen, waren wir sofort begeistert. Man befindet sich mitten in einem Canyon und ist von weissen und roten Felswänden umgeben, die überwältigende Höhen erreichen. Und die Bäume leuchteten bereits in allen Rot- und Gelbtönen. Fast einen Monat vorher im Bryce Canyon waren wir ja noch skeptisch, ob uns die Felslandschaften der bevorstehenden Parks nicht irgendwann auf die Nerven gehen. Aber kein Park gleicht dem anderen.

 

Die nächsten beiden Tage haben wir Zion erkundet. Mein Favorit ist der Angels Landing Trail, auf dem man zu einem 450 Meter höher gelegenen Aussichtspunkt gelangt. Die letzte halbe Meile kraxelt man auf einem schmalen Grat nach oben und rechts und links ist der Abgrund. Der Weg allein ist also schon ein Erlebnis und die Aussicht ist jeden Schweisstropfen wert.

 

Nachmittags sind wir noch Richtung "Narrows" gelaufen. Je weiter man läuft umso enger wird der Canyon, allerdings muss man dafür im kalten Virgin River waten. Kurz bevor uns die Füsse abgefroren waren, sind wir umgekehrt ohne die engste Stelle erreicht zu haben. Trotzdem hatten wir viel Spass dabei.

 

Las Vegas - nichts ist wie es scheint!:

 

Die letzte grosse Stadt, die wir gesehen hatten, lag nun schon einige Wochen zurück. Und so kam uns doch alles ganz schön hektisch vor als wir Las Vegas erreichten. Kaum angekommen, standen wir im Stau - wir lieben Städte!

 

Für den Preis unseres Campingplatzes (bzw. Parkplatz) hätten wir vermutlich auch ein Motelzimmer bekommen, dafür waren wir aber mitten im Geschehen. Noch am gleichen Abend sind wir den Strip hoch und runter gelaufen. Ganz schön krass, was einem da geboten wird. Man läuft durch New York, Paris oder Venedig. Es gibt eine Pyramide samt Sphinx und Obelisk, riesige Wasserspiele, Piratenschiffe und jede Menge bunter Lichter. Neben dem Glücksspiel sind auch alle anderen Laster vertreten. Aus meinem ersten investierten Dollar wurden Acht, die dann für langes Spielvergnügen gereicht haben. Von innen sehen alle Casinos eigentlich gleich aus. Ich weiss nicht wieviele Kilometer wir an diesem Abend gelaufen sind, aber wir hatten ganz schöne Plattfüsse. Am nächsten Tag haben wir alles nochmal ohne Beleuchtung angeschaut.

 

Joshua Tree - der Baum der eigentlich eine Yucca Palme ist:

 

Auf der Weiterfahrt zum Joshua Tree Nationalpark sind wir ein Stück die Route 66 gefahren, die aber nicht sonderlich aufregend war. Obwohl um Las Vegas schon Wüstenlandschaft ist, wurde es trotzdem nochmal heisser. In der Mittagshitze haben wir am nächsten Tag eine Wanderung zu einer Oase gemacht.

Noch während unsere Gedanken um Leberkäsweck, Haxen und Sauerbraten mit Klössen kreisten, entdeckten wir die Palmen als grünen Fleck mitten in einer staubigen, felsigen Umgebung. Dort angekommen, freuten wir uns nicht nur über ein schattiges Plätzchen sondern auch über den Fuchs, der die Früchte der Palmen vom Boden aufgelesen hat.

 

Später sind wir umgeben von unzähligen Joshua Trees durch den Nationalpark gefahren, bis zu einem Aussichtspunkt an dem wir bis zum Sonnenuntergang blieben. Diese Unikate haben es geschafft, die Baumfarne auf dem ersten Platz von meiner Baumrankingliste ins Wanken zu bringen.

 

Nach diesem Knüllerprogramm sind wir inzwischen mit reichlich Verspätung an der kalifornischen Küste angekommen.

 

 

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